24. September 2014

The very top end - an otherwordly experience

Hallo meine Lieben!

Ja, es gibt wieder einen Eintrag von mir - ihr wisst ja, wie gern ich für euch schreibe, wenn ich Internet in Aussicht habe :)
Viel ist passiert während unserer Zeit in Nordaustralien und ich versuche seit Tagen alles Erlebte zu ordnen und für euch auf Papier zu bringen!

Um denjenigen von euch, die sich anhand meines letzten Eintrags noch nicht differenzierter im Internet mit unserem Reiseweg auseinander gesetzt haben, eine bessere Vorstellung davon geben zu können, wo genau wir entlang fahren bzw. uns befinden, möchte ich nochmals eine kurze geographische Hilfestellung geben:
Nachdem wir die Ostküste hinter uns gelassen und fast eine Woche lang mehr oder weniger quer über den Kontinent durch das australische Outback Richtung Nordwesten gefahren sind (was ich in meinem letzten Eintrag genauer ausgeführt habe),
sollte es zunächst Richtung Darwin sowie dem tropischen Norden des Landes gehen.
Darwin ist geographisch betrachtet einer der nördlichsten Punkte Australiens und befindet sich auf der Karte mittig an der Nordküste.
Straßentechnisch kann man sich das Ganze so vorstellen, dass es (für konventionelle Autos wie unseres) grob gesagt nur eine Straße gibt, die von der Ostküste mitten durch das Land Richtung Darwin und Umgebung im Norden führt und ein Highway, der von Norden wiederum mitten über den Kontinent nach Süden führt und sich mit dem von der Ostküste kommenden Highway schneidet,
sowie eine Straße, die etwas unterhalb des Nordens ab von Highway Richtung Westküste führt. Das gesamte Straßennetz ist im Vergleich zur Ostküste also nur sehr spärlich ausgebaut. Das aber nur nebenbei...
Die Tropen des Nordens um Darwin liegen zudem einen ganzen Breitengrad näher am Äquator als die tropische Nord-Ostküste um Cairns.
Vielleicht können sich die ein oder anderen von euch bereits denken, was das vegetations- sowie klimatechnisch bedeutet.
Während es an der tropischen Ostküste noch relativ angenehm warm war, herrscht hingegen hier vor allem tagsüber eine feuchte Hitze von bis zu 38 Grad, die für uns Deutsche natürlich total ungewohnt ;) und anfangs nur schwer erträglich war.
Ständiges Schwitzen, unendlich viele Mücken und Fliegen, schlafstörende Hitze nachts im Auto, (in unserem Fall) ständig warmes Trinkwasser im Auto und verdorbene Lebensmittel (die wenigen, die wir nicht in Dosen gekauft haben wie Toast) waren einige der vielen Freuden unseres Alltags... :D
Obwohl wir in Thailand bereits mit diesem feuchtheißen Klima konfrontiert wurden, stellt dies keinen Vergleich zu unserem täglichen Leben hier dar, da wir unsere gesamte Zeit im Auto oder im Freien ohne Kühlschrank, nur mit wenigen Bademöglichkeiten (da viele Gewässer sowie das Meer im Norden von Krokodilen bewohnt sind) und nicht in klimatisierten Gebäuden oder Wohnungen verbringen.
Da liegen die Nerven schon einmal blank über kurz oder lang ;) Hierzulande wird dieses Phänomen "heat stress" genannt.

Und doch war es definitiv wert, den wahrlich weiten Weg hierher auf uns zu nehmen - nicht nur, dass wir das Leben und die unfassbare Andersartigkeit im Vergleich zur Ostküste bzw. die landschaftliche Vielfalt des australischen Nordens erleben konnten, wir bekamen auch einmalige Einblicke in die besondere Kultur der Aborigines - doch davon zu einem späteren Zeitpunkt dieses Eintrags mehr.
Der genau wie das Outback nur spärlich bevölkerte Norden des Landes schafft Raum für eine wirklich atemberaubende natürliche Schönheit, die man vor allem in den hiesigen Nationalparks erleben kann...

Natürliche Thermalquellen im Elsey National Park...

...Krokodilsfrei und...
...Gewässer so warm wie in einer Therme -
bei diesen Temperaturen aber nur ganz früh morgens oder später abends zu empfehlen







Der Regenwald ("wet tropics"), wie wir ihn von der Nordostküste kennen, existiert hier aufgrund der heißen Trockenzeit allerdings nur bedingt, und zwar ausschließlich an Flüssen, tiefen Schluchten oder Wasserfällen.
Der hier als "monsoon forest" bezeichnete Regenwald weicht demnach in weiten Teilen des Nordens dem sogenannten "savannah woodland" - einer in der dry season relativ ausgetrockneten Vegetation.
Von diesem "woodland" konntet ihr ja in meinem letzten Eintrag schon einen kleinen bildlichen Eindruck gewinnen, da uns diese Vegetation oftmals auf unserer Reise durchs Outback begleitet hat.
Im Litchfield National Park bot sich mir dann während einer Wanderung sogar die Gelegenheit genau dieses Phänomen der verschiedenen Vegetationen für euch auf einem einzigen Foto festzuhalten.

links "monsoon forest" in der Nähe eines Wasserfall - rechts dann bereits "savannah woodland"


Litchfield National Park, ein Nationalpark voll von monsoon forest und woodlands sowie Wasserfällen und Flüssen zum Baden, da es hier keine Krokodile gibt...




"monsoon forest" an einem Fluss

Nitmiluk Nation Park bei Katherine und meine erste Kanufahrt zusammen mit Flo waren ein wirkliches Highlight, Kanufahren ist echt supercool! Ein einmaliges Erlebnis, deshalb gibts auch ein paar mehr Bilder hiervon für euch :)








Da haben wir doch glatt eine schöne Stelle zum Baden gefunden!
Das ist nämlich nicht an allen Sandbänken des National Parks erlaubt, da Süßwasserkrokodile (ungefährlich für den Menschen) hier ihre Eier in den Sand legen...

Hallo ihr! :)



Eines unserer Übernachtungsquartiere - wir suchen uns definitiv meistens schöne Plätzchen aus ;)

Robin Falls Campingplatz

Ein anderes landschaftliches Phänomen des Nordens: Termitenbauten (termite mounds) in allen Formen und Größen...

"magnetic termite mounds"
"Cathedral termite mounds"

Was die Bevölkerung betrifft, unterscheidet sich der Norden dahingehend ziemlich stark von der Ostküste, dass 30% der Bevölkerung Aborigines oder zumindest derartiger Abstammung sind - man also anders ausgedrückt meist von dunkelhäutigen Menschen umgeben ist.
Erst in Darwin trifft man wieder auf die altbekannte multikulturelle Vielfalt, da es sich hierbei mit 200.000 Einwohnern auch um die einzige "Großstadt" weit und breit handelt.
Nachdem die Aborigines weite Teile des Landes über mehrere tausend Jahre hinweg bevölkerten, wie wir nun wissen, scheinen sie heutzutage zumeist im Norden Australiens sowie in Zentralaustralien zu leben.
Manchmal fühlt man sich hier als hellhäutiger Mensch dann schon irgendwie wie auf dem Präsentierteller...
Nicht alle Aborigines in Australien leben jedoch in "Communities" bzw. "Clans", die eine traditionelle Lebensweise und eine wirklich spannende Kultur offenbaren.
Entgegen unserer Erwartungen konnten wir tatsächlich mit diesen traditionellen Aborigine-Clans in Kontakt treten.
Diese Clans leben nämlich zumeist zurückgezogen in ihren als "Aboriginal Land" deklarierten Territorien, die für Reisende nicht oder nur schwer zugänglich sind.
Eine gute Gelegenheit in die Kultur der Aborigines einzutauchen bieten allerdings wenige besondere "Aboriginal Festivals", wo sie Touristen gestatten ihr Land zu betreten und diese Feste mitzufeiern, sowie andererseits ein Besuch im Kakadu National Park, ein Nationalpark auf einem Aboriginal Land, der nicht nur aufgrund seiner landschaftlichen Schönheit sowie tierischen Vielfalt in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen wurde, sondern auch deshalb, weil Aborigines mit Hilfe besondere Angebote ihre Kultur und ihre Lebensweise für Unsereins erfahrbar machen.
Hier einige Eindrücke für euch...


"wetlands" in Mamukala -
Überreste der durch überlaufende Flüsse ausgelösten weitläufigen Landüberschwemmungen während der wet season
hier haben wir so viele verschiedene Vogelarten und australische Storche gesehen
im Hintergrund brennt ein Buschfeuer

Buschfeuer sind im Norden Australiens aufgrund der Hitze während der dry season leider Alltag.
Aborigines bzw. Ranger legen deshalb zu Beginn der dry season absichtlich kleine Buschfeuer, um trockenes Gras zu verbrennen und ohne die Bäume zu zerstören, um den Brand im Ernstfall eindämmen zu können...

Die gefährlichen Salzwasserkrokodile sieht man im Kakadu National Park wirklich überall,
in jedem Fluss, in jedem "wetland", in jedem Wasserloch, in jedem Wasserfall -
da muss man sehr sehr vorsichtig sein, da Leute hier aufgrund von Krokodilsangriffen schon ums Leben gekommen sind

"Yellow Warter" - wetland
Arnbarngbargn  Billabong (Wasserloch) - ebenfalls ein Überrest der wet season

"savannah woodland"

"rock country" - Klippen und riesige Steinformationen in weiten Teilen des Kakadu

Flussfahrt auf dem East Alligator River, Ausblick von einem Aussichtspunkt
ein Aborigine hat uns eine kostenlose Bootsfahrt geschenkt; hier haben wir neben einer schönen Landschaft mindestens 20 Krokodile gesehen

Ausblick über den Kakadu National Park und Sonnenuntergang in Ubirr



In "guided cultural walks", die zum großen Teil von Aborigines aus hiesigen Clans selbst geleitet werden, konnten wir viel über das Land und Leben der Aborigines erfahren:
Neben geographischen Erläuterungen von Land und Gewässern haben sie uns erklärt, aus welchen Bäumen und auf welche Art sie ihre Waffen (Speere, Boomerangs usw.) oder Fischernetze hergestellt haben, wie sie Tiere jagen, welche Pflanzen und wie sie diese als Heilmittel für Krankheiten oder zum Schutz vor Insekten benutzen oder wie "Bushfood" manchmal deren Überleben sicherte.


"guided cultural walk"
Jagd-Demonstration

Das Unglaubliche an der ganzen Geschichte war allerdings, dass Aborigines vor nicht allzu langer Zeit (bis vor ca. 100 Jahren oder weniger) noch genau auf diese Art und Weise ihr Leben geführt haben und teilweise noch heute tun -
Was wir z.B. von Steinzeitmenschen oder ähnlichem kennen, also in unserer Gesellschaft schon unvorstellbar lange ein Ende gefunden hat, hat in wenigen Teilen Australiens noch derart lange Bestand gehabt!
In den letzten Jahren wurden die Aborigines selbstverständlich auch von unserer modernen Gesellschaft beeinflusst, wie wir von ihnen selbst erfahren durften:
Sie besuchen Schulen, ergreifen Jobs, leben in ganz normalen Häusern (wie wir sie kennen), benutzen moderne Waffen zum Jagen und kaufen gelegentlich auch auf dem Markt/im Supermarkt ein...
Jedoch bleiben auch diese Aborigines des modernen Zeitalters ihrer Kultur in gewisser Weise treu: Sie jagen beispielsweise noch heute Tiere oder machen sich Pflanzen auf verschiedene Weise zu nutze, sprechen ihre eigenen Sprachen und stellen Aboriginal-Kunst und -Handwerk her.

In einer für mich wahrscheinlich einmaligen Gelegenheit meines Lebens bekam ich einen Einblick in diese Handwerkskunst der Aborigines.
Einige Aborigine-Frauen, darunter auch die sehr sympathische Anita, demonstrierten einigen wenigen Interessierten (neben Flo und mir war nur noch eine andere Frau mit ihren beiden Kindern anwesend), wie sie aus getrockneten Pflanzenfasern einer Pandanus-Palme


eine Art Seil herstellen, das sie sodann für ziemlich viele Dinge benutzen, sowie mit Hilfe von Wildblumen gefärbten Pflanzenfasern wunderschöne Körbe, Ohrringe und Matten flechten.
Während ich mir einen Nachmittag lang vieles davon von Anita zeigen ließ und natürlich selbst ausprobieren musste

Unglaublich stabil dieses kleine Seil!
Aboriginal-woman Anita und ich, eine "Belanda" (non-aboriginal)

"weaving" - das Knüpfen/Weben von Matten, Körben usw.,
haben wir uns wirklich sehr nett unterhalten!
Ihr könnt euch nicht vorstellen, welch eine erfüllende Erfahrung das in diesem Augenblick für mich war:
Ich sitze mit einer mir völlig fremden Frau, die zudem gefühlt aus einer ganz anderen Zeit stammt als ich, einfach so da, lerne aus erster Hand etwas über ihr Leben und ihre Kultur
und wir unterhalten uns über ganz alltägliche Dinge - ihre Kinder und Verwandten, ich erzähle ihr von unseren Erfahrungen in den Tropen, sie erzählt mir von ihrem schmerzenden Knie, weil sie immer auf dem Boden im Schneidersitz sitzt, und wir sprechen über den kürzlichen Tod ihrer Enkelin...
Unfassbar! Der für mich absolut ergreifendste Augenblick während der ganzen bisherigen Reise...
Gibt es jemanden unter euch, der das nachvollziehen kann?!

Außerdem kamen wir im Kakadu National Park zum ersten mal mit der berühmten historischen "rock art" der Aborigines in Berührung, einer uralte Kunstform der Aborigines, bei der sie mit Hilfe eines Gemischs aus Puder von bunten Steinen, weißem Pflanzensaft sowie Tierblut verschiedenste Zeichnungen auf Felswänden verewigen.
Einige dieser Zeichnungen existieren schon seit 30.000 - 40.000 Jahren während hingegen andere widerum "nur" 5000, 2000 oder 50 Jahre alt sind. Heutzutage wird diese Kunstform allerdings nur noch selten praktiziert.
Rock art existiert in verschiedenen Landesteilen Australiens.
Im Norden Australiens befindet sich allerdings die größte Vielfalt dieser für Aborigines so heiligen Orte (da hier wie gesagt die meisten Aborigines leben), von denen für Reisende dann letztlich einige im Kakadu National Park zugänglich gemacht wurden.

Rock art repräsentiert nicht nur die für Aborigines wichtigen Lebensinhalte, wie beispielsweise Nahrungsquellen - also Tiere, die sie gerne Essen,

hier auch gut zu erkennen die so genannte X-Ray-Methode: Die Innereien der Tiere werden detailgetreu gezeichnet

Barramundi-Fische, Varane, Schildkröten, Kängurus, Schlangen...


sondern auch Erlebnisse in deren Leben, wie Jagd



oder Zeremonien...



sowie erste Kontakte mit Europäern.



Außerdem wurden mit Hilfe dieser Zeichnungen Verhaltensregeln für Kinder oder das menschliche Miteinander konstatiert sowie falsche Verhaltensweisen angeprangert.
Zudem wurde der rock art auch religiöse Einflüsse beigemessen, die Zeichnungen von Tieren sollten demnach z.B. einen positiven Einfluss auf die Jagd haben.

So viel zu unseren Erfahrungen mit der Kultur der Aborigines sowie allgemein im hohen Norden Australiens :)

Gerade sind wir noch am Überlegen ein Original eines Aborigine-Gemäldes zu erstehen, um ein angemessenes Andenken an unsere extraordinären Erfahrungen hier zu haben!
Wenn wir etwas finden, das uns beiden gefällt, werdet ihr es wohl nächstes Jahr in unserer neuen Wohnung bestaunen können ;)

Auf den verschiedensten Märkten und Galerien hier im Norden, wie beispielsweise dem "Mindil Beach Sunset Market" (Markt bei Sonnenuntergang am Strand) in Darwin, findet man eine sehr große Auswahl an Aboriginal-Art und -handwerk.

Mindil Beach Sunset Market...



Wir durften den Künstler, Leslie, dieser Aboriginal-Art auf einem Markt persönlich kennen lernen!

So sehen diese gewebten Matten aus, wenn sie fertig sind...






















































Hier noch einige andere Eindrücke vom schönen Darwin...

das Meer an der Nordküste bei Darwin - vom Schwimmen wird hier aufgrund der Krokodile abgeraten ;)

Werft in Darwin













Abschließend noch eine kleine Neuigkeit, die euch wohl interessieren dürfte:
Aus diversen Gründen haben wir uns letztlich doch spontan dazu entschlossen statt der Reise entlang der Westküste die Route nochmals mitten durch Zentralaustralien in Richtung Südaustraliens zu nehmen, um von dort aus zudem kostengünstig nach Neuseeland fliegen zu können.
So ist das während einer langen Reise - manchmal wirft man eben doch all die lang beschlossenen Pläne über den Haufen :D
Davon jedoch mehr in meinem nächsten Eintrag und ihr dürft wie immer weiterhin gespannt sein, welche Erlebnisse ich dann auf der Tour von Nord nach Süd auf diesem einzigartigen Kontinent mit euch teilen werde!

Bis dahin seid ein allerletztes Mal allerliebst gegrüßt aus den Tropen Australiens!
Was kommt wohl als nächstes? Wir werden es in unserem Nimbus herausfinden...




















"Walking is good.
You follow track...
you sleep, wake in morning to birds,
maybe Kookaburra.
You feel country."

Zitat von Bill Neidjie, dem verstorbenen Vater von Anita - einem der Bunitj-Clan-Ältesten