22. Dezember 2016

Wesołych Świąt vom Karpfen in der Badewanne

Das Weihnachtsfest nähert sich mit großen Schritten. 
Die verbleibenden vorweihnachtlichen Tage möchte ich euch mit einem neuen Eintrag über die Adventszeit in Polen versüßen und euch einen kleinen Einblick in typisch polnische Weihnachtstraditionen geben.

Prinzipiell ähneln polnische und deutsche Weihnacht einander:
Auch in Polen wird das eigentliche Weihnachtsfest, Wigilia genannt, am Heiligen Abend des 24. Dezember gefeiert. 
Nachdem sich Familien während des mehr oder weniger besinnlichen Beisammenseins den Bauch mit weihnachtlichen Köstlichkeiten vollgeschlagen haben, wird die 'Cicha noc, święta noc' ('Stille Nacht, heilige Nacht') besungen, bis irgendwann das Auspacken der unter einem bunt geschmückten Baum arrangierten Geschenke als finaler Höhepunkt des Abends eingeläutet wird. 
Wer um Mitternacht noch nicht eingeschlafen ist absolviert sodann seinen (Pflicht-)Besuch in der Kirche bei der alljährliche Weihnachtsmesse, was aus dem katholisch geprägten Polen genauso wenig wegzudenken ist wie bei vielen katholischen Familien Deutschlands.
Den 1. und 2. Weihnachtsfeiertag verbringt man üblicherweise im Kreise der Verwandten, Freunden und Bekannten.
Genau wie in Deutschland eben.
Natürlich gibt es auch in Polen Menschen, die über Weihnachten in ein anderes Land verreisen, um der Weihnachtshysterie zu entkommen.
Genau wie in Deutschland eben.
Aber bleiben wir bei einem traditionell gefeierten Weihnachtsfest! 

Etwas unterscheidet sich die polnische Weihnacht aber dann doch von einer deutschen, worüber ich euch im folgenden erzählen möchte.
Vor kurzem habe ich nämlich einen guten Artikel über weihnachtliche Traditionen in Polen gelesen, der so einige skurrile, ja schier unglaubliche Informationen enthielt, und mich gefragt, wie viele dieser Traditionen tatsächlich heutzutage noch in Polen praktiziert werden?
Daraufhin habe ich mich ein bisschen umgehört, genauer gesagt bei polnischen Dozierenden an der Uni und polnischen Freunden nachgefragt.
Worüber ich im Folgenden also spreche, wurde mir tatsächlich von polnischen Leuten als noch heutzutage so praktizierte Tradition bestätigt.

Schwimmt bei euch in der Vorweihnachtszeit auch ein Karpfen in der Badewanne? 
In einigen polnischen Familien jedenfalls schon! Was nicht weiter verwunderlich ist, da die lebenden Karpfen sogar in Supermärkten verkauft werden.
Dies hat tatsächlich geschichtliche Hintergründe, da es früher nicht wirklich möglich war tote Karpfen während des Transports ordnungsgemäß zu kühlen, der Transport lebender Karpfen hingegen dieses Problem umging.
Und obwohl dies heutzutage nicht mehr notwendig erscheint, so halten einige polnische Familien doch an dieser Tradition fest.
Am Weihnachtstag kümmert sich die 'mater familias' dann um die Zubereitung des zu Weihnachten in Polen so beliebten Karpfengerichtes.

Der polnische Weihnachtsabend wird eröffnet, wenn der erste Stern am Himmel zu sehen ist - symbolisch für den Stern Betlehems, der den Weg zu Jesu Stall weist.

Statt Würstchen und Kartoffelsalat werden in Polen sodann traditionell 12 verschiedene Gerichte aufgetischt, die symbolisch für die 12 Apostel stehen.
Während hierbei auf Fleisch gänzlich verzichtet wird, gibt es in Polen umso mehr Fisch.
Auch Pierogi dürfen beim polnischen Weihnachtsmahl natürlich nicht fehlen! 
Als Vorspeise wird die ebenso traditionelle wie beliebte Rote-Bete-Suppe mit kleinen Teigtaschen, Barszcz genannt, gereicht.
Vor einigen Tagen organisierte die Universität einen Weihnachtsabend für uns Erasmusstudierende, an dem wir die Gelegenheit bekamen viele dieser (eigens von Köchen zubereiteten) traditionellen Speisen selbst zu probieren. Hierbei gab es drei lange Tafeln mit Barszcz, gekochten und gebackenen Pierogi, Sauerkraut sowie mehreren Heringsgerichten in verschiedenen Variationen. Als Nachspeise warteten bereits diverse Kuchen aus Mohn auf uns und das ebenfalls in Polen sehr populäre 'Kompott', in Zuckerwasser eingelegte Früchte - wer kennt es noch aus Omas Zeiten?
In gemütlicher Atmosphäre zusammen mit vielen anderen ausländischen Kommilitonen kamen die meisten dann auch auf den (Herings-)Geschmack - obwohl manche Speisen tatsächlich recht ungewöhnlich waren.
Definitiv ein tolles Erlebnis!

Aber zurück zu polnischen Weihnachtstraditionen.
Gesättigt vom reichlichen Essen wird pünktlich um 20 Uhr der Fernseher angemacht, denn 'Kevin allein zuhaus' ist in vielen polnischen Familien während der Weihnachtszeit nur schwer wegzudenken.
Als der Fernsehsender Polsat den Film sodann einmal aus dem Fernsehprogramm genommen hatte, haben sich mehrere zehntausend Menschen in Polen mit den Worten "Polsat hat Weihnachten ruiniert" über diesen offensichtlichen Fauxpas beschwert, sodass dieser Film postwendend wieder in das Fernsehprogramm aufgenommen wurde. 
Verständlich, kein vernünftiges polnisches Weihnachten ohne Macaulay Culkin!

Einige von euch kennen sicher auch diese Oblaten, wie sie fürs Plätzchenbacken verwendet oder - vor einem etwas kirchlicheren Hintergrund betrachtet - symbolisch für den Leib Christi stehen und während der Messe verteilt werden. In Polen gibt es diese Oblaten an Weihnachten in quasi übergroßem Format, um diese mit anderen Menschen teilen zu können. Herbei erhält also jeder eine dieser Oblaten und teilt sie mit seinem Gegenüber, indem man gegenseitig ein Stück der Oblate des jeweils anderen abbricht, während man sich gegenseitig nur das Beste zum neuen Jahr wünscht. Dieser Vorgang wird mit mehreren Menschen so lange wiederholt, bis die Oblaten aufgebraucht sind.
Auch ich habe diese polnische Tradition einmal selbst miterleben können.
Nachdem sich eines Abends viele Leute für eine Veranstaltung am Alten Markt versammelt hatten, bei der 'Stille Nacht' in vielen verschiedenen Sprachen gesungen wurde - natürlich habe ich zusammen mit drei anderen Frauen hierbei Deutschland vertreten -, wurden die Oblaten unter allen Anwesenden obligatorisch geteilt.
Eine wunderbare Veranstaltung, bei der ehrliche Weihnachtsfreude aufgekeimt ist!






Die polnische Adventszeit generell ähnelt jedoch wieder sehr der deutschen: 
Weihnachtlich dekorierte (Innen-)Städte, lebensgroße Krippen und Weihnachtsmärkte dürfen natürlich auch in Polen nicht fehlen!
In Posen gab es sogar gleich zwei Weihnachtsmärkte und einer wurde tatsächlich von einer deutschen Firma organisiert - konnte ich es doch kaum glauben, als ich meinen ehemaligen Fußballtrainer unserer Mädchenmannschaft in Neumarkt-Sankt Veit auf dem Weihnachtsmarkt am Posener Freiheitsplatz traf! So erfuhr ich dann, dass dies ein multikultureller Weihnachtsmarkt sei, mit unter anderem bulgarischen, italienischen und spanischen Ausstellern - organisiert von Deutschen.

Als Flo und ich uns Anfang Dezember eineinhalb Wochen von der Uni (sozusagen) freigenommen hatten, um etwas im weihnachtlichen Polen zu reisen, eine meiner polnischen Dozentinnen war ganz begeistert davon: "Hervorragend, polnische Landeskunde auf eigene Faust!", besuchten wir auch einige Weihnachtsmärkte in anderen Städten Polens. Teilweise sehr große und mit den zumeist typisch kitschigen Dingen, teilweise aber auch ganz kleine mit allerlei selbstgemachtem Handwerk.
Außerdem sind wir ins Konzentrationslager Auschwitz gefahren und haben uns im Anschluss daran vorwiegend auf den (süd-)östlichen Teil Polens konzentriert, wo wir uns die Städte Lublin, Kazimierz Dolny und Zamość näher angeschaut haben.
Schließlich hat es dann auch uns endlich in Polens Hauptstadt Warschau verschlagen, wo wir nicht zuletzt unserem guten Freund Fabian aus Bamberg einen Besuch abgestattet haben, der zufälligerweise auch Erasmusstudent in Polen ist. 
Ich habe mich wirklich so sehr gefreut Fabi endlich einmal wiederzusehen - es war toll!

Über diese zweite kleine Polenreise möchte ich euch aber in meinem nächsten Eintrag erzählen.
Dieser Eintrag hier soll ganz einfach der polnischen Weihnachtszeit gewidmet sein!
So zeige ich euch im folgenden also einige Bilder aus dem weihnachtlichen Polen, viel Spaß damit ihr Lieben, während ihr genauere Details zu unserer Reise sowie viele viele weitere Bilder dann demnächst erhaltet!


Breslaus Wahrzeichen

Breslau Weihnachtsmarkt


Krakau Weihnachtsmarkt

Warschau Weihnachtsmarkt







Lublin



Kazimierz Dolny

Zamość



Danzig - Ausblick vom Kirchturm


Weihnachtsmarkt Danzig


Thorn


Weihnachtsmarkt Thorn

Posener Weihnachtsmarkt in der Altstadt


unser festlich geschmücktes Doppelzimmer

Ivana, Kathrin, Klaudia und ich bei unserer
Mädels-WG-Weihnachtsfeier

Meine Mitbewohnerin Klaudia


Mit diesen weihnachtlichen Bildern aus Polen verabschiede ich mich nun von euch und wünsche euch allen - Wesołych Świąt - Fröhliche Weihnachten - und ein wunderbares neues Jahr 2017.
Für das kommende Jahr wünsche ich mir für uns alle ein friedlicheres Zusammenleben mit weniger Kriegen, mehr Gerechtigkeit in unserer Welt, Zusammenhalt in einer vom Terrorismus geprägten Zeit, trotz all den vergangenen schrecklichen Ereignissen oder gerade deshalb mehr Offenheit anderen Menschen und Kulturen gegenüber und ganz wichtig einen differenzierten Blick hierbei - denn es gibt trotz alldem viele Menschen mit guten, ehrlichen Absichten egal welcher Religion und Herkunft.

Auf mich warten im Jahre 2017 noch fast zwei Monate Auslandsstudium und ein hoffentlich weiterhin genauso schönes, aufregendes Leben in Posen und im März dann schließlich die Rückkehr ins geliebte Bamberg - zusammen mit dem wichtigsten Menschen in meinem Leben.
Auf das Jahr 2016 schaue ich persönlich mit Freude zurück, da es ein wunderbares Jahr für mich mit vielen aufregenden Erlebnissen und neuen Erfahrungen war, die mir einmal mehr gezeigt haben, wer ich bin und was ich in meinem Leben möchte!


Eure Perzlperle


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